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Das Gängeviertel
Demo gegen Rassismus und Polizeigewalt. Am 05. Juni 2020 demonstrierten mehrere tausend Menschen vor dem US-Konsulat in Hamburg gegen Rassimus und Polizeigewalt. Die Black Lives Matter Demonstrationen sorgten für eine neue Diskussion um (Post-)Koloniales Erbe. Bild: imago images / Jannis Große.
Demo gegen Rassismus und Polizeigewalt. Am 05. Juni 2020 demonstrierten mehrere tausend Menschen vor dem US-Konsulat in Hamburg gegen Rassimus und Polizeigewalt. Die Black Lives Matter Demonstrationen sorgten für eine neue Diskussion um (Post-)Koloniales Erbe. Bild: imago images / Jannis Große.
Demo gegen Rassismus und Polizeigewalt. Am 05. Juni 2020 demonstrierten mehrere tausend Menschen vor dem US-Konsulat in Hamburg gegen Rassimus und Polizeigewalt. Die Black Lives Matter Demonstrationen sorgten für eine neue Diskussion um (Post-)Koloniales Erbe. Bild: imago images / Jannis Große.

Im Rahmen eines Oral-History-Seminars im Studiengang Geschichte der Universität Hamburg haben wir uns mit dem Alltags-und Sozialleben im Gängeviertel beschäftigt und zu diesem Zweck ein Interview mit dem Zeitzeugen Christian geführt, der von 1968 bis 1971 als Student im Gängeviertel in der Speckstraße gelebt hat. Die späten 1960er und frühen 1970er Jahre stellen eine sehr späte Periode der Gängeviertel dar, die schon im 18. Jahrhundert existierten und weite Areale des Hamburger Stadtzentrums abdeckten.

Dennoch ist dieser Zeitraum nicht weniger spannend, denn Christian erlebte das verbliebene Gängeviertel als Ort struktureller Veränderungen: Während sich zwischen den Häuserzeilen noch Lücken alter Bombenkrater befanden, begann der Bau der U-Bahn-Haltestelle Gänsemarkt und des Unilever-Hauses. Gleichzeitig gab es großflächige Abrisse, wie den der Hamburger Kult-Kneipe „Palette“, in der sich unser Zeitzeuge als Jugendlicher viel bewegt hatte. Immer wieder wird durch seine Erzählungen deutlich, wie prägnant das Gängeviertel im Hamburger Stadtbild war: Ein heruntergekommenes Viertel mit stark proletarischem Charakter stand im auffallenden Kontrast zu den neuen, repräsentativen Bauten im geschäftigen Stadtzentrum und den restlichen, bürgerlichen Stadtteilen im Westen der Stadt.

Christian erlebte den Übergang des Gängeviertels vom etablierten Arbeiter*innenviertel zu dem, was es heute ist: Einer Begegnungs- und Kulturstätte, die architektonisch historisches Zeugnis ablegt über die Arbeiter*innenwelt Hamburgs. Im Zuge der Gründung des „vor-gänge“-Museums für Alternative Stadtgeschichte in der Schierspassage haben wir uns dazu entschieden, unsere Ergebnisse mit in das Projekt einfließen zu lassen. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit haben wir das Interview verfilmt und in narrative Videos gegliedert. Im ersten Video erzählt Christian von den Umständen in seiner Souterrain-Wohnung in der Speckstraße und der Infrastruktur im Gängeviertel in der Zeit von 1968 bis 1971/72. Im zweiten Video berichtet er von seinen Aufenthalten in der bekannten Kneipe „Palette“ und seinen Umgang mit dem dortigen Drogenkonsum.

Im dritten Videoerzählt unser Zeitzeuge von den Abrissen auf dem damaligen Areal des Gängeviertels und wie er diese als Bewohner empfunden hat. Das vierte Video thematisiert die Aktionen gegen den Springer-Verlag im Jahr 1968, die als „Springer-Blockaden“ bekannt geworden sind und inwiefern unser Zeitzeuge diese miterlebt hat. Im fünften und letzten Video geht es um Christians künstlerische Tätigkeiten als Filmemacher und seine Aktivitäten im Gängeviertel

Die Gespräche führten Natalia Wollny, Zoe Seduncu und Alexander Kipke im Rahmen eines Oral-History-Projekts zum Thema Gängeviertel.